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Donnerstag, 26. Februar 2004

Der Engel im Baumwollhemd


Jonas, den Butzbacher Handballspieler, hatte es böse erwischt: beim letzten Spiel der Be-zirksliga gegen Kusterdingen prallte sein Kopf so unglücklich mit dem eines Gegenspielers zusammen, dass er zu Boden ging und regungslos liegen blieb. Der Kusterdinger war zwar ebenfalls hingefallen, stand aber gleich wieder auf. Das Spiel wurde beim Stand von 13:11 für Butzbach abgebrochen.

Jonas’ Erinnerung setzte an der Himmelspforte wieder ein. Er hatte alle erforderlichen Pa-piere in der Hand, doch Petra, die Vertretung des dienstfreien Petrus, wollte sie gar nicht sehen. „Hosianna! Hier unterschreiben Sie das!“ Jonas las das Aufnahmeformular durch und erfuhr, dass er künftig „Engel auf Ewigkeit“ sein würde. Seufzend setzte er seinen Namen unter das Papier und gab es zurück. „Jetzt gehen Sie durch die 3. Wolkengasse zur Flügelei!“

Zwei ältere Engelhandwerker erwarteten ihn bereits. Jonas bekam ein mächtiges Flügel-paar eingesetzt, das ideal zu seinem großen, kräftigen Körper passte. Alles war hier gut organisiert: die nächste Station war eine Flugschule, wo Jonas seine Schwingen unter fachkundiger Aufsicht ausprobieren durfte. Danach ging es zur Kleiderkammer, wo Hun-derte von Engelsgewändern bereitlagen, die jeweils eine kleine Nationalflagge zierte. Sie waren alle weiß und aus einem seltsam glatten, wunderschönen Stoff gearbeitet. Die Gar-derobieren Gabi und Andrea sahen sich und danach Jonas bedauernd an: „Sie müssen ja mindestens 2,25 m sein. In Ihrer Größe haben wir nur noch ein altes Baumwollhemd aus der Zeit vor der letzten himmlischen Inventur.“

Das Gewand hatte Aussparungen für die Flügel. Andrea half ihm hinein, es passte. Es machte ihm nichts aus, dass sein Hemd nur aus Baumwolle war. Kurz darauf war Es-sensausgabe: es gab Manna mit Nutella. Jonas schmeckte es gut, doch war er leider etwas unvorsichtig: bald zeugte ein großer, brauner Fleck von dem leckeren Mahl. Oberengel Georg deutete mit strengem Blick zur nächstgelegenen Regenwolke. Jonas flog hinüber, wobei er beinahe mit einem entgegenkommenden britischen Engel zusammenstieß, der sich noch nicht an den Rechtsverkehr auf den Himmelsstraßen gewöhnt hatte. Jonas gelang es, in der Regenwolke, den Nutellafleck vollständig auszuwaschen, doch als sein Gewand wieder trocken war, sah es total zerknittert aus. So konnte er sich unmöglich weiter im Himmel sehen lassen.

Im Kreiskrankenhaus kam Oberarzt Dr. Winter auf seiner heutigen Visite ins Zimmer 211 und erkundigte sich bei Schwester Monika nach dem Zustand des Patienten mit der schwe-ren Gehirnerschütterung. Sie berichtete: „Er ist vorhin kurz aufgewacht, scheint aber noch nicht ganz klar zu sein.“ „Hat er etwas gesagt?“ „Ja, was ganz Komisches: ‚Hosianna, wo kann man hier bügeln?’“


 
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Dienstag, 1. Juli 2003

traumfänger


hinter den dicken mauern der alten stadt wehen auf den dächern und den türmen wie lustige bunte fahnen die träume der alten

manchmal steige ich auf den hügel vor der stadt und fange mir einen dieser träume die der wind losgerissen hat

                           jens der schrebliche

 
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Dienstag, 24. Juni 2003

Dieter Baumann läuft auch ALLEIN


Es ist viel zu heiß. Tom hat sich Lederhandschuhe angezogen, anders ist es nicht zu bewerkstelligen, dass er den glühendheißen PKW-Lenker in die Hände nimmt. Wir sind spät dran. Wir sitzen in einer mobilen Mikrowelle und sind mehr als gar. Die Stimmung im Auto ist gereizt. Auf dem Rücksitz liegt unsere neue Kollektion an T-Shirts, die wir auf der Demo gegen die "Agenda 2010" verscherbeln wollen. Da wir nicht rechtzeitig losgefahren sind, stecken wir nun im Berliner Feierabendverkehr fest. Dass es immer noch so viele gibt, die arbeiten ... ein Wunder. Wir kommen nur mühsam vorwärts. Vor ein paar Minuten hat uns ein Kleinlaster geschnitten und uns kochte das Adrenalin hoch. Man sollte schweres Gefährt nicht in die Hände von aggressiven Irren geben. Der fährt wie ein Terrorist. Und wir sind nicht das einzige Opfer. Dieses Arschloch stresst die ganze Stadtautobahn. Brüllendes Gehupe ist die Folge. Die meisten Fahrer werden daran erinnert, dass sie von Natur aus für Revierkämpfe mit aggressiven Anlagen ausgestattet wurden. Der Chef als Alphamännchen ist schon Stress genug, da braucht es keinen, der die Fahrt ins traute Heim als Überlebenskampf begreift. Ihr Ärger wird noch dadurch gesteigert, dass der wildgewordene Kleinlaster in großen fetten Lettern Werbung macht: "Ich schaff euch alle. EGO-Müller - Ich-AG!" provoziert zusätzlich. "Wer versteht, warum manche Marken besonders erfolgreich sind, versteht auch, warum manche Menschen mehr Erfolg haben als andere.", denke ich amüsiert. Ich bin überzeugt, unsere T-Shirts werden ein Hit. Arbeitsamtlogo und darunter der Claim: "Freeloser - die neue Art der sozialen Kompetenz!"


 
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Dienstag, 17. Juni 2003

Vergessene Dinge aus den unbeschwerten Zeiten des Konsums


Mit diesen Texten will ich an Dinge erinnern, um die sich damals, in den unbe-schwerten Zeiten des Konsums, Legenden gesponnen haben. Dinge, die das Leben und die Kommunikation noch vor ein paar Jahren sehr beeinflusst ha-ben und heute beinahe schon wie vergessen sind.

Die Zahnpastatube

Vor noch nicht einmal 20 Jahren zerbrach, laut der Legende/Gerücht, beina-he jede zweite Beziehung an einem Ding, das heute zumindest in Europa, beinahe ausgestorben ist. Dieses Ding wurde oft zum entscheidenden corpus delicti eines Ehestreits. Statistisch gesehen waren es vor allem die Männer und deren Intoleranz gegenüber der Partnerin, wenn es um den richtigen Gebrauch dieses Gegenstands ging. Genau feststellen, ob nun eine Beziehung funktioniert oder nicht, kann man bekanntlich oft erst, wenn man dann in einer kleinen gemeinsamen Wohnung zusammenlebt. Ein wichtiger Ort hier, neben dem Schlafzimmer und der Kü-che – wehe sie kocht nicht so gut wie Mutter – ist das Bad. Eigentlich ist die Badhygiene die Sache der Frau und oft genug muss sie über die Urinspritzer auf der Klobrille, die Bartstoppeln im Waschbacken und die Bremsstreifen in der Toilette hinwegsehen und das damals genauso wie heute.
Damals gab es aber noch die Zahnpastatuben aus weichem Blech zum Zu-sammenrollen. Warum die Evolution es verhinderte, dass Frauen für ein geometrisches, von hinten nach vorne Zusammenrollen nach dem Gebrauch dieser Tuben zu blöd sind, wird wohl immer ein Rätsel bleiben. Noch schlimmer als das versäumte Zusammenrollen nach der Benutzung der Zahnpasta, war, wenn beim ersten Benutzen irgendwo mutwillig in der Mitte der Tube gedrückt wurde. So entstanden unreparierbare Dellen. Ausbeulen ließ sich das ganze nicht mehr. Der Nachfolger musste dann, an dieser Engstelle, die im hinteren Teil der Tube befindliche Zahncreme durchdrücken. Es blieben Reste und der Traum von einer sauber geleerten und aufgerollten Tube war dahin. Männer brachte so etwas zur Raserei. Mochte die Frau fremdgehen, schlecht kochen, oder sich beim Sex dumm anstellen, alles war irgendwie ertragbar, aber die immer wieder zerdellte Zahnpastatube war zu vergleichen mit einem Kratzer im Lack des Wagens, nachdem man ihr davon abgeraten hatte rückwärts einzuparken und sie es dennoch tat. Vielleicht war es gerade diese Verwandtschaft aus Blech – die den Männern das Herz brach. Nachdem jedoch Mitte der 8oer Jahre bekannt wurde, dass die Deutschen langsam aussterben und die Scheidungsrate drastisch gestiegen sei, reagier-ten Wirtschafts- und Familienminister in einer einzigartigen Zusammenarbeit und entwickelten die sich selbst wieder aufblasbare weiche Plastikzahnpasta-tube.
Leider konnte auch diese so folgenschwere politische Entscheidung nicht mehr maßgeblich dem massiven Trennungsgeschehen der deutschen Bezie-hungen Einhalt gebieten.
Inzwischen wurde das aus Amerika importierte Wort „trend“ auf die linguisti-sche Namensverwandtschaft mit dem deutschen Wort „Trennung“ unter-sucht. Bisher leider ohne irgendwelche Ergebnisse, aber weiterhin liegen Tren-nungen im „trend“. Ja, damals war nunmal alles leichter und erklärbarer. Gedenken wir in einer Schweigesekunde der aufrollbaren weichblechenen Zahnpastatube nach. Und allen, die diese nicht mehr kennenlernen durften, sei gesagt, dass man die Plastiktuben auf den Kopf bzw. Deckel stellen muss, und wenn sie auch das nicht hinbekommt, dann sollte man doch mal ernsthaft über diese Bezie-hung nachdenken.

Nachtrag: Dass dies vor allem ein weibliches Problem für eine partnerschaftliche Bezie-hung darstellte sieht man vor allem daran, dass es zum Beispiel Rasierschaum immer noch in solchen Blechtuben gibt. Um zu vermeiden, dass die Frau sich dann doch mal eventuell zwecks Beinrasur mit seinem Schaum einschmieren will, hat die freundliche Pflegeprodukteindustrie zusammen mit Familien- und Wirtschaftsministerium jedoch einen speziellen Rasierschaum zum Aufsprayen nur für Frauenbeine entwickelt – tja, und da sage einer mal, die Emanzipation hätte niemals stattgefunden.


 
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Dienstag, 10. Juni 2003

Ein Sonnenbad am Brainpool des SPD-Parteivorstandes


Lancierte Lügen: beim Optimismus liegen Deutsche auf Platz Zwei. Und das Comeback der Wir-Menschen ist nur eine Frage der Zeit.


 
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Mittwoch, 9. April 2003

Pleasantville Chroniken April 2003


Ein Ort, entleert. Alle sind weggezogen. Nur weil ein Ort in seinem Ortsnamen Freundlichkeit proklamiert, ist damit noch nicht gewährt, dass das Leben auch seinen Weg dorthin findet. Vielleicht hatten die Anderen auch Angst, ihnen könnte der Himmel auf den Kopf fallen. So bin ich nach langer Abwesenheit das einzige Lebewesen hier. Solo leben in einer Geisterstadt. Nun gut, werde ich versuchen Pleasantville wiederzubeleben, als "ghostwriter". Ich habe mir das beste Etablissement vor Ort ausgesucht und bin dort eingezogen. Ich habe meine Sammlung toter Käfer mitgebracht. Meine Fortpflanzungserlaubnis steht goldgerahmt auf meinem Schreibtisch. Vielleicht verirrt sich ein freundliches Weibchen hierher. Gleich daneben steht für alle Fälle mein kleines Lexikon der Notausgänge. Und sollte mir einmal langweilig sein, lese ich in meinem Lieblingssachbuch "Was Wim Wenders über die Liebe weiß und Dieter Bohlen über das Poppen".


 
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Donnerstag, 26. Dezember 2002

U spin me round...


...Scheibe des Lebens; und Du, Teller, der mich satt & fett macht.


 
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